Autor: Udo Sponagel
Format: Taschenbuch, E-Book
Seitenanzahl: 152 Seiten
Verlag: CreateSpace Independent Publishing
Auflage: 1 (März 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-1511447959
Altersempfehlung: Ab 14 Jahre, Erwachsene
Klappentext:
Opa hat nicht alle Tassen im Schrank. Er ist ein bisschen Gaga, ein schrulliger alter Kauz, was seine Tochter, die Mutter von Marlies und Jan nicht davon abhält, ihre Kinder bei ihm abzuladen, um ihre etwas angerostette Ehe aufzupolieren.
Was zuviel ist, ist zuviel. Der Alte zeigt seine widerborstige Seite und seine etwas aussergewöhnliche Lebenseinstellung. Immerhin ist er davon ueberzeugt, schon x-mal gelebt zu haben. Nur, er kann sich als einer der wenigen an seine vorherigen Leben erinnern.
Der Senior hat mit seinen Enkeln nichts am Hut. Er lebt auf einem Resthof in Norddeutschland, der noch in vielen Belangen fern vom Heute ist. Da past Opa prima hin.
Neben vielen anderen Schrullen pflegt Opa die Konkurrenz zum Lügenbaron von Münchhausen. In seinen Erzählungen lebt er das Gestern. Nicht etwa nur die Zeiten im Zweiten Weltkrieg, nein, weit darüber hinaus.
Er lag im Ersten Weltkrieg im Schützengraben, er war zur Zeit der Algonkin-Völker in Nordamerika, bei der Sklavenverschleppung in Afrika dabei und hat nicht zuletzt als Gladiator in Rom gekämpft. Ein Spleen, den er beim Schachspiel mit seinem Freund Karl immer wieder auslebt und der die freundschaft auf eine harte Probe stellt.
Als seine Enkel Marlies und Jan wegen einer Auto-Karambolage bei ihm bleiben muessen, hat er zwei neue “Opfer” für seinen Seemansgarn gefunden, die begierig seinen Geschichten lauschen, aber – natürlich – kein Wort davon glauben.
Udo Sponagel über sich sebst und seine Werke:
- Udo Sponagel (Autor), 1947 geboren, Abitur und kurze Zeit Student bei Adorno und Habermas (lange her).
- Als Student in der politischen Redaktion der FAZ tätig, Bier und Brötchen holen.
- Nebenher mit eigenem Quartett (dreimaliger Kriegsdienstverweigerer) unterwegs.
- Korrektor und Austräger bei Bergsträßer Anzeiger Bensheim und Rezensent für Konzerte. Volontär bei Darmstädter Echo und später Redakteur.
- Dann wieder Musiker und Schreiberling für fünf Regionalzeitungen. Fünf Krimis geschrieben, von Verlagen abgewimmelt.
- Auftritte als Liedermacher, auch im Regionalfernsehen und unter anderem mit LOU Van Bourg (ekelhafter Typ).
- Mit Gruppen unterwegs (Stripshow vor GIs).
- Viel hinter den Bühnen erlebt.
- Farm in Kanada (Ontario) gekauft.
- First Nation-Leute kennen und schätzen gelernt.
- Immer geschrieben, Konzerte, Lokalpolitik, viel kommentiert.
- Dann Rentner, geschieden, drei Töchter.
Leseprobe aus „Zu Besuch bei Opa“:
DRECK IN DER KÜCHE
In der Küche angekommen, lässt der erste Kommentar nicht lange auf sich warten: „Mann, ist das hier dreckig, hier müsste mal richtig durchgefegt und nass sauber gemacht werden”, entfährt es Jan, der mit leichtem Ekel um sich blickt.
„Das ist eine gute Idee, eine sehr gute sogar”, schmunzelt Opa, „Du kannst nach dem Essen gleich damit anfangen, hinten in der Räucherkammer stehen Besen, Putzeimer, Putzlappen, Feudel und was man sonst noch alles braucht, um mal richtig klar Schiff zu machen.
Dabei fällt mir ein, dass der, der auf einem Sklavenschiff nicht den Befehlen des Käptens gefolgt ist, kielgeholt wurde.“
„Was heißt denn das?“ Beide schauen Opa entsetzt an.
„Das heißt“, knurrt der Genannte, „ein Befehlsverweigerer bekam an jeden Arm einen Strick und wurde vom auf den Bug gesetzt. Auf Kommando bekam er einen Schlag, so, dass er ins Wasser fallen musste und dann musste die Mannschaft ihn so schnell wie möglich unter dem Kiel durchziehen. Wenn so einer nicht einigermaßen schwimmen konnte, hatte er keine Chance. Die meisten haben das nicht überlebt, weil es in der Karibik ja auch Haie gibt, die auf so einen Leckerbissen gerade gewartet haben.“
„Aber das ist ja schrecklich“, kreischt Marlies entsetzt.
„Ja, stimmt“, brummt der Alte und kratzt sich am Bart, „ich bin auch nicht gerade stolz darauf, Sklavenhändler gewesen zu sein.“
„Du, Du warst Sklavenhändler?“ Die beiden fallen beinahe in Ohnmacht. Aber das was sie da gerade erfahren, lässt sie doch vor Neugier bei Bewusstsein bleiben.
„Na, ja“, Opa ist recht verleben und kratzt sich hinter dem Ohr, „mich haben Piraten zusammen mit einem englischen Handelsschiff, als ich auf dem Weg in die englischen Kolonien war, aufgebracht. Und da hatte ich nur die Wahl zwischen Tod oder Piratenleben. Keine Frage, ich wollte leben. Und so schlecht war das ja gar nicht, wenn man auf der richtigen Seite war. Du hattest Geld, Alkohol im Überfluß, heißblütige Frauen. Das war schon angenehm. Natürlich auch gefährlich.
Wenn Dich ein Spanier aufgebracht hat, hast Du am nächsten Galgen gebaumelt, aber so jemand wie der Sir Francis Drake war ja eigentlich selbst Pirat und deshalb nicht gleich mit dem Strick zur Hand. Bei dem konntest Du in die Mannschaft kommen, wenn Du gut aufs Schiff gepasst hast. Aber ich, ich war auf so einem Seelenverkäufer, den zu versenken eigentlich keine große Kunst war.
Wir haben in Afrika Neger gejagt, verschleppt, aufs Schiff gebracht und dann meist in New Orleans verkauft. Auf dem Schiff waren die Schwarzen angekettet und wenn sie nicht parierten, schmiss sie irgendeiner von der Crew mit samt den Ketten ins Meer. Auf diese Weise gab es kaum ein Aufmucken. Die hatten riesige Angst um ihr Leben. Zumal wir in Sichtweite immer ein paar Haie hatten, die uns tagelang auf unserer Reise begleiteten.
Tja“, Opa rieb sich die Hände, „irgendwann landete ich nach irgendeiner Schlägerei in einem nordamerikanischen Kitchen, aber das erzähl‘ ich Euch ein andermal.“ …
Buchempfehlung:
Vielleicht erinnert sich so mancher von uns noch an Verwandte oder häufige Gäste, die gerne Geschichten aus ihrem Leben erzählt haben. Als Kinder haben wir ihnen gerne zugehört und konnten kaum genug von ihren Anekdoten bekommen. Schließlich war es uns auch egal, wenn die Eltern uns darauf aufmerksam gemacht haben, dass der Onkel oder Opa ein „Dampfplauderer“ ist, dem man nicht alles glauben dürfe.
Nicht zufällig gehören ja auch die Erzählungen des Freiherrn von Münchhausen zu den meistgelesenen Werken der Weltliteratur. Sie knüpfen an eine Tradition von „Lügengeschichten“ an, die weit in die Literatur des klassischen Altertums zurückreicht und auch in den Schwank-Sammlungen der frühen Neuzeit ihren Niederschlag fand.
Udo Sponagels Kurzgeschichtenband „Zu Besuch bei Opa“ enthält 44 unterhaltsame Erzählungen, in denen ein schrulliger alter Mann seinen Seemannsgarn zum Besten gibt.
Die Enkelkinder hören ihm gerne zu, wenngleich sie bald bemerken, dass die Geschichten erfunden sind. Die Geschichte über all den Geschichten findet ein jähes Ende, als der Opa aus unerklärlichen Gründen in eine Jauchgrube stürzt, auf der Intensivstation seine Augen für immer schließt und die Staatsanwaltschaft zunächst gegen die schwer verschuldeten Eltern ermittelt.
Wo einst Opas alter Bauernhof gestanden hat, befinden sich nun eine Tankstelle, ein Parkplatz, ein Einkaufsmarkt und ein Hochhaus mit Luxusappartments. Aus den fantasiebegabten Hochstapeleien eines schrulligen alten Mannes erwachen wir inmitten einer bösartigen Verlogenheit, wie sie von Erbschleichern nur allzu oft betrieben wird.
Wer bereit ist, sich gemeinsam mit den Enkelkindern auf den schon etwas wunderlichen, aber durchaus begabten alten Geschichtenerzähler einzulassen, der wird gewiss noch mehr von seinen Abenteuern lesen wollen.
[Martin Urbanek]