Im 18. Jh. schuf der Bildhauer Franz Xaver Messerschmidt 52 „Charakterköpfe“. Eine der weltberühmten Büsten – „der Verdrüssliche“ – wurde 2008 unter mysteriösen Umständen an das Getty Museum in Los Angeles verkauft. Vor diesem realen Hintergrund setzt die Autorin Eva Holzmair eine fiktive pensionierte Angestellte des Bundesdenkmalamts auf die Spuren eines obskuren Netzwerks aus Behörden und Kunsthändlern. Nach diesem akribisch recherchierten Kunstkrimi kommt in einem weiteren Erzählstrang „der Verdrüssliche“ mit seiner jahrhundertelangen, wechselvollen Geschichte selbst zu Wort…
Autorin: Eva Holzmair
Format: Taschenbuch und eBook
Seitenanzahl: 507 Seiten
Verlag: Gmeiner-Verlag
Auflage: 1 (März 2021)
ISBN: 978-3839228111
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Klappentext:
Ein wertvolles österreichisches Kulturgut, die Skulptur „Der Verdrüssliche“ von Franz Xaver Messerschmidt, ist unter dubiosen Umständen ans Getty Museum von Los Angeles verkauft worden. Das erfährt Dr. Carola Broggiato, eine ehemalige Mitarbeiterin des Bundesdenkmalamts, durch Zufall. Sie will mehr erfahren, recherchiert und stößt auf Ungereimtheiten. Welche Rolle spielte der österreichische Staat beim Verkauf der Skulptur? In Wien beginnt ein Vexierspiel voller Überraschungen, bei dem so manches aufgedeckt wird, was andere lieber unter den Teppich gekehrt hätten.
Über die Autorin Eva Holzmair:
Eva Holzmair wurde in Korneuburg geboren und ist in Wien aufgewachsen, wo sie nach Abschluss eines Dolmetschstudiums lebt und als Übersetzerin und Konferenzdolmetscherin arbeitet. Seit mehreren Jahren ist sie auch literarisch tätig und greift dabei häufig auf den reichen Fundus an Menschen, Themen und Sprachebenen zurück, der ihren sprachmittlerischen Beruf bereichert. Deshalb kann sie es auch nicht lassen, fremdsprachige und dialektale Passagen in ihre Texte einfließen zu lassen. Die Welt ist bunt und mit ihr die Sprache!
Eva Holzmair ist Mitglied der GAV, im Literatukreis Podium sowie in der Plattform Österreichischer Kriminalschriftstellerinnen und –schriftsteller, deren Sprecherin sie derzeit ist.
Veröffentlichungen:
- Ali Chen Afumba, Kurzkrimi in Tatort Marktamt
Falter Verlag, Wien 2021 - Die Giftmischerin, Ländliches Kriminalstück
Kaiser Verlag, Wien 2021 - Helena – Ilona, Erzählung in Wien morbid
Lychatz Verlag, Leipzig 2021 - Der Verdrüssliche, Roman
Gmeiner-Verlag, Meßkirch/Deutschland 2021 - Der Bildermacher, Eine Kleinstadttragödie
Kaiser Verlag, Wien 2018 - Doppelter Gewinn, Hörkrimi
Hörmordkartell, Melle/Deutschland 2017 - Hansi und MonaBlue, zwei Erzählungen
Edition Taschenspiel, Wien 2016 - Das Wassermännlein, Kurzkrimi in Tatort Gemeindebau
Falter Verlag, Wien 2016 - Memento, Kurzkrimi in Tatort Burgtheater
Falter Verlag, Wien 2015 - Lapis Lazuli – ein Versprechen, Tragikomödie
edition moKKa, Wien 2014 - Heimkommen, Erzählband
edition moKKa, Wien 2014 - Rose, Löwe Rosmarin, Kriminalroman
Spittelberg Verlag, Wien 2014 - Mir träumte, du lägest im Grab, Kriminalroman
edition moKKa,Wien 2012
sowie Kurzprosa in diversen Literaturzeitschriften.
Quelle: Autorenhomepage von Eva Holzmair
Leseprobe aus dem Roman „Der Verdrüssliche“
Zwei Auszüge aus dem Prolog:
An einem heißen Frühsommertag des Jahres 1781 schaut ein in zerschlissenen Beinkleidern und fleckigem Schurz gekleideter Mann mit flackerndem Blick hoch zur Decke seines Hauses im Preßburger Vorort Zuckermandel und flucht:
»Ihr Flöhbeutel, ihr erbärmlichen! Aus dem Hinterhalt dalcken, das könnt ihr gar bald, aber aufrecht kämpfen, nein. Zur Höll mit euch Galgenschwengel, vermaledeites Gesindel!«
Seine Stirnadern treten hervor, er reckt das Kinn, zieht am Strick, den er um seinen Hals gezurrt hat. Die Haut wund gescheuert, blutig. Krämpfe durchzucken sein Gesicht. Der Adamsapfel rast auf und ab. Schlucken. Er muss schlucken. Itzo.
»Ahhh.«
Der Schlund ist frei. Bis dorthin sind die Geister noch nicht vorgedrungen, nur im Gesicht, im Nacken, da toben sie sich aus. Er schließt die Augen, reißt sie aber sofort wieder auf. Er darf nicht erlahmen. Das wäre fatal. Die Luft erzittert, Blitze blenden ihn. Wer ist reingefahren? Etwa gar die Affengesichter? Dort drüben am Fenster hocken sie. Wie höhnisch sie lachen.
»Wartet nur, ihr Schandmäuler!«…
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Vorsichtig steht er auf und geht zum Spiegel, aus dem ihm sein verzerrtes Gesicht entgegenglotzt. Er ist bereit. Der Mann greift nach Blatt und Stift. Hinter ihm die Kopfstücke. Sie halten die Reihen dicht, damit die Kobolde nicht durchkommen. Der Mann strichelt die ersten Linien: die hohe Stirn, die zwei Wülste zwischen den Augenbrauen, die griesgrämig gekräuselte Nase, den verkniffenen Mund, das abweisende Kinn, in dem Überdruss und Anspannung eine eigenwillige Alliance eingegangen sind, und die Halsfalten, die von den langen Zangen der Dämonen straff überdehnt seinen Adamsapfel umrahmen.
Auweh, nun hat doch ein Plagegeist die Phalanx durchbrochen. Der Mann lässt sich nicht beirren. Er wird weiterzeichnen, die Lippen aufeinandergepresst. Keinen Laut wird er von sich geben, nur schauen und festhalten, bis der letzte Spießgeselle den Rückzug angetreten hat und er wieder sein eigener Herr, der Meister über Kopf, Hände und Füße, der Befehlshaber in Haus, Hof und Werkstatt ist.
VIDEO: Wohnzimmerlesung aus „Der Verdrüssliche“ von Eva Holzmair:
Rezensionen:
Ein toller Roman, der auf seinen 506 Seiten an keiner einzigen Langeweile aufkommen lässt.
Die ehemalige Mitarbeiterin des Bundesdenkmalamts erfährt durch Zufall, dass eine wertvolle Büste von Franz Xaver Messerschmidt – der Verdrüssliche – an das Getty Museum in Los Angeles verkauft wurde. Wieso konnte das Bundesdenkmalamt diese Ausfuhr nur genehmigen?
Frau Hofrat – Dr. Carola Broggiato – beginnt zu recherchieren, stößt auf weitere Ungereimtheiten und auch auf ihre Vergangenheit.
Langsam beginnt sich abzuzeichnen, dass der Verdrüssliche – und einer der früheren Besitzer – in ihrem Leben eine große Rolle gespielt hat. Es steckt also auch ein bisschen privates Interesse hinter der ganzen Recherche.
Eva Holzmair versteht es hervorragend zwei Erzählstränge aufzubauen und mit einander zu verquicken. So blickt der Leser nicht nur in das Leben von Carola Broggiato, die an Krebs erkrankt, alle ihre Kraft zusammennimmt um den Verdrüsslichen (oder zumindest seine Gipsversion) wieder aufzuspüren und lässt auf der anderen Seite den Verdrüsslichen selbst zu Wort kommen. Während die Skulptur nun im Getty Museum steht und die Ausstellungsvorbereitungen beobachtet, erzählt er seinen Kollegen von seinem Leben und auch vom Leben seines Meisters und so spannt sich der Bogen der Romans von der Erschaffung de Verdrüsslichen im 18. Jahrhundert bis zum New York von heute.
Ob es Frau Hofrat nun gelingt den Verdrüsslichen wieder nach Hause (zu sich oder in die Sammlung des Belvederes zu bringen) und welche Mittel sie dafür in Erwägung zieht (gar nicht typisch für eine Frau Hofrat) – das müsst ihr selbst lesen. Es ist jedenfalls eine vergnügliche, spannende, unterhaltsame Geschichte, die mich dazu bringt, doch endlich wieder einmal ins Belvedere zu gehen. Vielleicht sehe ich dann ja den Verdrüsslichen?
Quelle: Buchtipp bei „Ask Eurico
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„Der Verdrüssliche“ von Eva Holzmair – das sind drei Geschichten in einem Roman.
„Der Verdrüssliche“ ist ein Charakterkopf des Meisters Franz Xaver Messerschmidt (1736 – 1783), der ihn aus feinstem Alabaster gearbeitet hat. Er steht im Getty Museum in Los Angeles und ist Teil einer Ausstellung, die bald beginnt. Frau Hofrat Dr. Carola Broggiato kennt ihn bestens, das Original und nicht irgendeine der zahlreichen Kopien. Er stand viele Jahre in der Villa des österreichischen Antiquitätenhändlers Wilfried Hausladen und ging nach seinem Tod als Erbe auf seinen Sohn Paul über.
Warum aber steht er dann heute im Getty Museum in Los Angeles?
Bis zu ihrer Pensionierung war Hofrat Dr. Carola Broggiato eine höhere Beamtin des Bundesdenkmalamts und hätte einer Ausfuhr bzw. einem Verkauf dieses einmaligen Kunststückes niemals zugestimmt. Gitta, Hausladens Schwiegertochter, kennt natürlich auch den Charakterkopf, zu dem sie eine beruhigende Beziehung aufgebaut hat. Sie ist Malerin und bereitet sich auf eine Vernissage vor. Kein leichtes Unterfangen, da sie erst vor Kurzem eine psychische Krise hatte. Nun möchte sie ihn malen; es würde ihr bestimmt guttun. So fragt sie ihren Mann, ob sie sich ihn nicht für ein paar Tage von der Stiftung ausleihen könnte.
Meine persönlichen Leseeindrücke:
Da habe ich ja ein tolles Buch in den Händen! – sind meine ersten Gedanken, als ich mit dem Lesen beginne. Obwohl etwas mehr als 500 Seiten lang, was mich am Anfang abschreckt, liest es sich leicht und schnell. Die drei Geschichten, die sich nur zögerlich als Teil eines Ganzen erkennen lassen, verwirren mich zu Beginn ein wenig. Ab etwa Mitte des Buches jedoch erkenne ich die Zusammenhänge und verfolge gespannt, amüsiert und schmunzelnd der Geschichten.
Fazit:
„Der Verdrüssliche“ von Eva Holzmair – das sind drei Geschichten in einem Roman. Es überrascht ein sehr guter Schreibstil, eine überaus gepflegte Sprache, eine gute Struktur gepaart mit einer interessanten Handlung. Das alles gibt dem Buch das gewisse Etwas. Die Wiener Sprachschmankerln, deren man mächtig sein sollte, verführen zu manchem Schmunzeln während der Lektüre. „Der Verdrüssliche“ von Eva Holzmair ist ein sehr gut geschriebener Roman, den ich jedem Buch- und Kunstliebhaber mit Leidenschaft empfehle.
Quelle: Rezension bei „Maesli“
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Beitrag in der „Wiener Zeitung“ vom 28.04.2021:
Fragwürdiger Kunstexport: Eva Holzmairs Roman „Der Verdrüssliche“ basiert auf der wahren Geschichte einer unklaren Provenienz.
Der Bildhauer Franz Xaver Messerschmidt (1736 bis 1783) schuf unter anderem 52 „Charakterköpfe“. Deren Provenienz ist zumindest in einigen Fällen teils fragwürdig. Hier setzt Autorin Eva Holzmair an und pickt sich eines der Selbstporträts, den „Verdrüsslichen“, für ihren gleichnamigen Krimi heraus. Dieser wurde nämlich tatsächlich 2008 unter fragwürdigen Umständen ans Getty Museum in Los Angeles verkauft, was im Roman nun die fiktive pensionierte Denkmalamtsmitarbeiterin Carola Broggiato auf den Plan ruft.
Carola fällt nämlich aus allen Wolken, als sie erfährt, dass die Büste, die auch mit ihrer eigenen Vergangenheit zusammenhängt, von ihrem privaten Besitzer in die USA verscherbelt wurde. Und um sich einerseits von ihrer Krebserkrankung abzulenken und andererseits ihrem Gerechtigkeitssinn Genüge zu tun, setzt sie sich auf die Spur des „Verdrüsslichen“ und entwickelt sogar eine gewisse kriminelle Energie dabei.
Eva Holzmair erzählt ihren Roman in drei Handlungsebenen, wobei ein Erzählstrang auch der Figur selbst gehört, die nun im Getty Museum ihr Dasein fristet und sich mit den anderen Ausstellungsstücken unterhält. Das ist für Kunstinteressierte inhaltlich sehr aufschlussreich, mit einem Umfang von 507 Seiten allerdings auch recht langatmig. Man hat also die Wahl, ob man sich die volle Dosis Kunstgeschichte gibt oder die jeweiligen Passagen überspringt und nur der aktuellen, nicht unspannenden Handlung folgt. Letzteres freilich ist wohl nicht im Sinne der Autorin, die bei der Recherche für ihr Buch sichtlich tief in die Welt des Franz Xaver Messerschmidt eingetaucht ist.
Quelle: Wiener Zeitung
VIDEO: „Charakterköpfe“ von Franz Xaver Messerschmidt, Oberes Belvedere, Wien
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