Das Vermächtnis der Eugenie: Gesammelte Feuilletons von Eugenie Schwarzwald 1908-1938

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Robert Streibel: "Das Vermächtnis der Eugenie - Gesammelte Feuilletons von Eugenie Schwarzwald 1908-1938"Autor: Robert Streibel
Format: Taschenbuch
Seitenzahl: 300 Seiten
Verlag: Löcker Verlag
Auflage: 1 (November 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3854098782

Altersempfehlung: Ab 14 Jahre, Erwachsene

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Klappentext:

Dieser Band versammelt erstmals alle Feuilletons der ­großen Pädgogin Eugenie Schwarzwald (1872-1940).

Eugenie Schwarzwald hat eine Pädagogik der Praxis ­gepflegt, sie hat im Wien um 1900 Schulen gegründet und war einer der ersten, die Mädchen die Voraussetzungen für ein Studium an der Universität ermöglichten. In einer Zeit, als in der Schule militärischer Drill und der Rohrstock ­regierten, hat Sie ihre Schülerinnen und Schüler als Menschen gesehen.

Sie hat Geld gesammelt, um Kinder während des Ersten Weltkrieges und danach aufs Land schicken zu können, sie hat Sommerheime gegründet, das Hotel „Seeblick“ am Grundlsee als Erholungsheim für geistige Arbeiter betrieben, internationale Netzwerke gepflegt, Künstler und Künstlerinnen gefördert und unzählige Initiativen von Antialkoholikern bis zu Tierfreunden begründet.

Ihr Vermächtnis sind ihre Feuilletons, die sie zwischen 1908 und 1938 geschrieben hat. Mehr als 300 hat sie verfasst.

Sie schrieb für die „Neue Freie Presse“, das „Neue Wiener Tagblatt“, die „Bühne“ und die „Vossische Zeitung“.

Diese Feuilletons sind ein Credo auf die Menschenliebe. Die kurzen Texte sind Miniaturen aus Wien, literarische Denkmäler für ihre Freunde und Bekannten und Berichte von ihren Reisen durch Europa.

Die Bedeutung, die „Fraudoktor“ – wie sie liebevoll genannt wurde – in Wien bis zum Aufkommen der Nationalsozialisten gespielt hat, ist auch daran zu ermessen, dass sie auch als Vorlage für literarischen Figuren diente. Von Robert Musils „Diotima“ im „Mann ohne Eigenschaften“, bis hin zu Frau Doktor Mania in Josef Weinhebers „Gold außer Kurs“ u. a. m. reichen die Beispiele, die hier nachzulesen sind.

Über den Autor Robert Streibel:

Robert Streibel (Autor)Robert Streibel, geboren am 27.1.1959 in Krems a.d. Donau, ist österreichischer Historiker, Autor und Lyriker.

Er studierte in Wien Geschichte, Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte und promovierte bei Erika Weinzierl am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.

Beruflich ist er seit 1987 im Erwachsenen- und Weiterbildungsbereich beim „Verband Wiener Volksbildung“ für Öffentlichkeitsarbeit tätig. Seit 1999 ist er auch Direktor einer Volkshochschule in Wien Hietzing.

Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen von ihm aus historischen Forschungsprojekten zum Nationalsozialismus, zum Judentum und Exil, mit den Schwerpunkten Niederösterreich und seiner Geburtsstadt Krems an der Donau.

Außerdem publizierte er in Literaturzeitschriften, einen Gedichtband und Filme. Er ist freier Mitarbeiter der Wochenzeitung Die Furche (Literaturkritik) und der Tageszeitung Die Presse.

Leseproben aus „Das Vermächtnis der Eugenie“:

DIE FEUILLETONS: EINE LESEANLEITUNG

Eine Leseanleitung für dieses Büchlein kann durchaus hilfreich sein. Um die Bedeutung dieses »Vermächtnisses« ermessen zu können, ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass die Feuilletons, die Eugenie Schwarzwald hinterlassen hat, die einzige authentische Quelle über ihre Weitsicht und ihre Aktivitäten darstellen.

So umtriebig die Schwarzwald war, so sucht man vergeblich nach pädagogischen Schriften von ihr. Es war wesentlich lohnender und ihrem Arbeitsstil angemessener, kleine Geschichten als Lebenshilfen zu verfassen.

Einige der Feuilletons werden hier zum ersten Mal wieder abgedruckt. In der Zeit zwischen 1908 und 1938 erschienen etwas mehr als 300 Artikel von Eugenie Schwarzwald. Ein Blick auf die Verteilung zeigt, dass das Jahr 1926 mit 24 Artikeln der absolute Höhepunkt der Aktivitäten markiert, während 1935 immerhin noch 23 Artikel erschienen.

Die Artikel erschienen in mehr als 20 Zeitungen, wobei fast die Hälfte der Artikel (147) in der »Neuen Freien Presse« zu lesen waren. Weitere wichtige Publikationen waren die »Vossische Zeitung« (35) das »Neue Wiener Tagblatt« (25), »Der Wiener Tag« (22) und die »Bühne« (17).

Die Artikel garantierten für Eugenie Schwarzwald nicht nur ihren Namen und den Namen ihrer Initiativen im Gespräch zu halten, sondern sicherten ihr auch ein gewisses Nebeneinkommen. Die Liste der Artikel zeigt aber auch, dass die Schwarzwald ein Verständnis für Public Relations hatte, denn eine Reihe von Artikeln erschienen in verschiedenen auch internationalen Zeitungen, dies betrifft vor allem die Zeit, nachdem die Veröffentlichungen in der »Neuen Freien Presse« ausfallen und manche Artikel dann nochmals oder leicht verändert in der »Bühne« oder in der »Vossischen Zeitung« abgedruckt wurden.

Eugenie Schwarzwald ist ein gläubiger Mensch, sie glaubt an die Erziehbarkeit des Menschen, sie glaubt an das Gute im Menschen und nicht zuletzt glaubt sie an die Macht der Literatur. Diese Trias markiert ihren Weg, mit dieser Einstellung kann es nicht genügen, Schulen und Heime, Speisehäuser und Ferienheime und -hotels zu gründen, denn ihre Idee muss weiterwirken.

Der Schritt in die Öffentlichkeit ist somit vorgegeben und Zeitungen und Zeitschriften als Vermittler fixiert. Die Feuilletons, die Eugenie Schwarzwald geschrieben hat, helfen mit, ihren Ruf zu begründen. Die Feuilletons sind literarische Kleinode, Tipps zur Weltverbesserung für den Alltag.

Die Bandbreite der Artikel umfasst bei weitem nicht nur Erziehung, nicht nur Mädchenbildung, oder die Probleme der Jugend, sondern reicht bis hin zu Handlungsanleitungen für ein besseres Leben: Komplimente oder Lob sind ein zu wenig eingesetztes Mittel zur Verbesserung der Welt. Weiters hilfreich sind die von ihr propagierte Herzenshöflichkeit oder die Kunst der Konversation.

Der Zugang von Eugenie Schwarzwald zum Leben hat etwas Bestechendes. Wer sich berühren lässt wird merken, dass ihr Ansatz zwar Altmodisches an sich hat, jedoch niemals rückwärtsgewandt ist, sondern offen für Neues ist. Dies wird auch deutlich, wenn sie für Arnold Schönberg eintritt oder im Feld der Literatur die unkonventionelle Schriftstellerin Esther Grenen propagiert.

Unterstützung und Hilfe in ihrem Versuch der Weltverbesserung zieht Eugenie Schwarzwald aus der Literatur. In ihrem Kanon, auf den sie sich beruht, sind die Spitzenplätze klar vergeben, denn ohne Gottfried Keller geht gar nichts, weitere wichtige Personen sind natürlich Karin Michaels, Marie Ebner Eschenbach, Knut Hamsun oder Erich Kästner. Eine sonderbare Mischung, aber so war sie eben die »Fraudoktor«, die auch in ihren Salons die unterschiedlichsten Menschen zu vereinen verstanden hat.

Die Feuilletons können auf die unterschiedlichsten Arten gelesen werden, neben den Hinweisen auf das Erziehungskonzept und die pädagogische Philosophie, bieten die Artikel auch immer wieder biographische Spurenelemente der Jugend und Studentenzeit von Eugenie Schwarzwald, die ja auf ihre polnisch-jüdische Herkunft, nie direkt Bezug darauf genommen hat.

Die Artikel beschreiben aber auch den Freundeskreis der Schwarzwalds. So gedenkt sie Klabund und Käthe Kollwitz, der Sängerin Bar-Mildenburg, analysiert Bernhard Shaw, verehrt die Schriftstellerin Dorothy Thomson und ist ihrem Mann dem Nobelpreisträger Sinclair Lewis, liebevoll zugetan, um nur einige zu nennen.

Wie können die einzelnen Feuilletons nun gelesen werden? In diesem Band erscheinen sie in chronologischer Reihenfolge, dies eröffnet die Chance, die Artikel parallel zur Zeitgeschichte zu lesen. Dies eröffnet ein lohnendes Feld, verrät sehr viel über »Fraudoktor« und bietet auch eine Basis für eine kritische Rezeption.

Beginnen wir mit dem Ende. Es mutet fast wie ein Gesamtkunstwerk an, wenn der letzte Artikel von Eugenie Schwarzwald am 11. März 1938 erscheint und es sich dabei um eine Buchbesprechung eines Romans handelt, der von einem Hotel erzählt, das irgendwie in seinem Bestreben, das Positive im Menschen zu sehen und durch die praktizierte Offenheit und Internationalität an die Schwarzwaldschule erinnert.

Das Hotel und seine Gäste werden Opfer des Bürgerkrieges in Spanien und die letzten Worte des Artikels lesen sich wie ein hilfloser Epilog: »Wenn man das Buch liest, hat man den heißen Wunsch, es möge Nancy und den Tossaleuten bald der Friede gegönnt sein, den sie und Spanien verdienen und den wir alle so heiß ersehnen.«

Selten nimmt sie direkt Bezug auf politische Ereignisse, den Ersten Weltkrieg ausgenommen, nach den Wahlen im Jahr 1930 hat sie noch Hoffnung. Doch was und worüber schreibt die Schwarzwald während der Justizpalast 1927 brennt, das Parlament 1933 »ausgeschaltet« oder der Bürgerkrieg 1934 tobt? Das Ergebnis wird Sie verblüffen und die Entdecker des Geheimnisses im ersten Moment ratlos zurücklassen.

Im August 1927, als die 89 Toten des berittenen Polizeieinsatzes gerade begraben sind, widmet sich Eugenie der »Konversation« und beschreibt Beispiele, die eines gemeinsam haben: »Also, die beiden stritten sich nicht. Sie waren nur traurig über die Nutzlosigkeit ihres Zusammenseins.«

Als das Österreichische Parlament bereits »ausgeschaltet« war, schreibt sie über die »Junge Ehe«, als der Bürgerkrieg 1934 gerade zu Ende ist, philosophiert sie über den Umgang mit Büchern.

In der »Neuen Freien Presse« war wohl nicht Platz für Anderes. Der letzte Artikel, der in der »Neuen Freien Presse« erscheint 1935 und schildert die »Gauklerwiese« in Florenz, ein pädagogisches Experiemcnt deutscher Lehrer für Knaben und Mädchen.

Nach 1935 bleibt als einzige Publikationsmöglichkeit die Zeitschrift »Die Bühne«.

Der letzte Artikel von Eugenie Schwarzwald wird am 11. März 1938 im »Neuen Wiener Tagblatt« abgedruckt, einen Tag vor dem Ende Österreichs. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich Eugenie Schwarzwald nicht mehr in Österreich. Ein publizistischer Abschied.

In der Rezension des Romans von Nancy Johnstonc über ein Hotel in Spanien scheint auch das Ende der Schwarzwaldschen Unternehmungen vorweggenommen zu sein. Die Hoffnung, die Fraudoktor für das Hotel an der Costa Brava, das wohl auch vom Spanischen Bürgerkrieg nicht verschont werden wird, formuliert ist ein frommer Wunsch.

»Wenn man das Buch liest, hat man den heißen Wunsch, es möge Nancy und den Tossaleuten bald der Friede gegönnt sein, den sie und Spanien verdienen und den wir alle so heiß ersehnen.«

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HOTEL IN SPANIEN (Seiten 285 – 288)

Link zur Leseprobe >>>

Robert Streibel: "Das Vermächtnis der Eugenie - Gesammelte Feuilletons von Eugenie Schwarzwald 1908-1938" (Leseprobe)

Über die Person Eugenie Schwarzwald:

Eugenie „Genia“ Schwarzwald wurde 1872 in Polupanowka (Galizien) geboren, war eine österreichische Pädagogin, Sozialreformerin und Frauenrechtsaktivistin, die insbesondere als Pionierin in der Mädchenbildung bekannt ist.

Eugenie Schwarzwald besuchte eine Lehrerinnenbildungsanstalt, bevor sie von 1895 bis 1900 Germanistik (Nebenfächer Anglistik, Philosophie und Pädagogik) an der Universität Zürich studierte, der damals einzigen Hochschule im deutschsprachigen Raum, die Frauen zum regulären Studium zuließ. Sie wurde am 30. Juli 1900 als eine der ersten Österreicherinnen mit der Dissertation „Metapher und Gleichnis bei Berthold von Regensburg“ zum Dr. phil. promoviert.

Die Grundideen ihrer Pädagogik waren von Gewaltfreiheit, Förderung der Phantasie und Gestaltungskraft und der freien Entfaltung jedes Kindes geprägt. Mit Maria Montessori pflegte sie den Gedankenaustausch, ihre Ideen waren später eine Grundlage für Otto Glöckels umfassende Schulreform.

Die Wohnung des Ehepaares Schwarzwald in Wien 8, Josefstädter Straße 68, die Adolf Loos gestaltet hatte, war ein weiterer Treffpunkt bekannter Persönlichkeiten des damaligen Wien. 1920 übernahmen die Schwarzwalds die Villa Seeblick (Archkogl) in Archkogl am Grundlsee, die sich ebenfalls zu einem Sammelpunkt für Jugendliche, Schriftsteller, Schauspieler und Freunde entwickelte.

Ab 1933 half sie Flüchtlingen aus Deutschland, 1934 unterstützte sie verfolgte Sozialdemokraten. 1938 wurde sie während eines Aufenthaltes in Dänemark bei Karin Michaëlis auf der Insel Thurø vom Anschluss überrascht; sie kehrte nicht mehr nach Wien zurück, sondern emigrierte in die Schweiz.

In Österreich wurde ihr gesamtes Eigentum arisiert und die Schule geschlossen. Die meisten Schülerinnen mussten emigrieren oder wurden später in der Shoah ermordet. Ihr Mann konnte im September 1938 noch aus Österreich in die Schweiz fliehen, wo er 1939 starb.

Robert Streibel: "Das Vermächtnis der Eugenie - Gesammelte Feuilletons von Eugenie Schwarzwald 1908-1938" (Leseprobe)

„Fraudoktor Jugendbild“ ist die Bildunterschrift im Werk von Alice Herdan-Zuckmayer, die Eugenie Schwarzwald im Register des Buches „Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen“ als Hauptperson ihrer autobiographischen Schrift bezeichnet.

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