Eine US-Dokumentation zeigt, wie Plattformen wie Facebook und YouTube die Nutzer manipulieren und die Gesellschaft spalten. Der Film ist erst seit wenigen Tagen auf Netflix, und schon haben viele Zuschauer der Doku angekündigt, sich online zurückzuziehen. Was ist das für eine Doku, die Menschen dazu bringt, plötzlich den Netzwerken zu misstrauen, denen sie bisher sorglos ganz Privates, Familienfotos und Telefonnummern anvertraut haben?
„The Social Dilemma“ (2020): Drehbuch von Jeff Orlowski, Davis Coombe und Vickie Curtis; Regie von Jeff Orlowski. Verfügbar auch in Deutsch.
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Trailer:
Ob nun Facebook oder Twitter, Instagram oder TikTok – die sogenannten sozialen Medien sind zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden. Vom Prinzip her dienen sie alle dazu, sich mit anderen auszutauschen und Netzwerke zu schaffen. Das Perfide an diesen Diensten: Sie tarnen sich oft als etwas, das sie nicht sind, verfolgen im Geheimen ganz andere Zwecke. Die Verbindung zwischen Menschen dient ihnen nur als Vorwand, um zu manipulieren und den User selbst zur Ware zu degradieren. Wir werden gelenkt, um möglichst lange auf diesen Plattformen kleben zu bleiben und ihnen so viel als möglich preiszugeben.
Die Doku zeigt sehr überzeugend, wie die Algorithmen zur Spaltung der Gesellschaft beitragen, unsere Freiheiten und die Demokratie bedrohen und wie sie von böswilligen Kräften manipuliert werden können. Damit sorgen sie dafür, dass die Gräben zwischen den Menschen immer weiter werden.
Haben wir der Manipulation nichts entgegenzusetzen? Im Gegensatz zu redaktionell geprüften Medien wie Fernsehen, Zeitungen oder Magazinen verzeichnen soziale Online-Plattformen ein exponentielles Wachstum. Es gab eine Zeit, da Hollywood und Popkultur den Markt beherrschten. Damals hatten sie das Monopol der Einflussnahme und manipulierten mit ihrer Reichweite Millionen von Menschen und ganze Kulturen. Schauspieler posierten für Konzerne oder warfen sich für politische Anliegen ins Zeug.
Heute ist es anders: Influencer dienen Amazon und Google bloß als Marionetten. Je mehr Reichweite man hat, desto mehr verdient man. Die Konzerne profitieren am meisten davon. Es ist, als wären wir wandelnde Werbetafeln und die ganze Welt ein einziges Einkaufszentrum. Wir bezahlen mit unserer Reichweite und letztendlich mit unserer Seele.
Natürlich kann man Social Media auch benutzen, ohne aktiv bei Werbekampagnen mitzumachen. Wir können dafür dankbar sein, dass wir durch die voranschreitende Technologie so viele Möglichkeiten haben. Wir können Freunde und Verwandte sehen und mit ihnen kommunizieren, auch wenn sie sich am anderen Ende der Welt aufhalten. Wie immer ist das eigentliche Problem nicht die Technologie, sondern der Mensch. Soziale Plattformen sind daher nichts anders als ein Spiegelbild des Zustandes unserer Gesellschaft in eines kapitalistischen, vorwiegend auf Profitmaximierung ausgerichteten Systems, in dem individuelle Freiheit und Demokratie immer mehr zu Feigenblättern verkommen, die die tatsächlichen Machtverhältnisse und Machenschaften dahinter verdecken sollen.
[Martin Urbanek]
Zwar mag die Doku etwas „krawallig“ daherkommen, meint der Journalist und Blogger Martin Fehrensen in einem Podcast von DEUTSCHLANDFUNK KULTUR. Gleichzeitig gelinge es dem Film aber gut, technologische Aspekte darzustellen und deutlich zu machen, wie genau versucht wird, die Menschen möglichst lang und oft vor den Bildschirm zu bringen.
* In einer Stellungnahme positionierte Facebook sich zu sieben Punkten, die in der Dokumentation erwähnt wurden. Facebook meint das Thema sei sehr wichtig, doch Netflix habe mit der Doku nur Sensationalismus betrieben.
Weitere Quellen und Kritik:
* Wikipedia
* film-rezensionen.de
* STERN
* Frankfurter Allgemeine
* Deutschlandfunk